Whore.

Ich stand da in meinen Hot-Pants und dem grenzwertig-knappen „Luis‘ Dancing Palast“  Top und trocknete Gläser ab. Das scheiß Top musste ich bezahlen, von meinem Geld und es war nichtmal besonders hübsch.  Man hörte den Beat von viel zu lautem Dubsteb in Kombination mit dem gewöhnlichen Gekreische  und den DJ, der in seiner XXL-Jacke  –  Son richtiger Hip-Hopper-Style -  die Meute zum Kochen brachte. Ich wollte eigentlich nie in einem solchen Club „das Mädl von der Bar“ sein aber irgendwie hatte eins zum anderen geführt. Tatsache war: Ich brauchte das Scheiß-Geld und in Hotspots wie „Luis‘ Dancing Palast“ verdiente man einfach mehr als in gewöhnlichen Restaurants.

Plötzlich bemerkte ich, dass mit mir jemand redete. Ich sah auf und schaute in das Gesicht eines Jungen. „Was? Tut mir leid ich hab dich nicht verstanden.“ -„Ich hab dich dich deprimiert dazu aufgefordert mir einen Drink zu mixen.“ Er blickte auf und mit einem Mal veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er hörte auf zu lächeln und musterte mich von oben bis unten. „Sag mal, ziehst du dich immer so an?“- „Das ist meine Arbeitskleidung!“ – „Also privat läufst du in Jeans rum?“. Die Art wie er mich ansah! Mit Erstaunen stelle ich fest, dass ich keine einzige Jeans in meinem Schrank hängen habe.  Er grinste und fing mit einem mal an zu lachen. „Was ist denn so  lustig?“ Er musste noch mehr lachen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er mich auslachte also fragte ich: „Was ist denn dein Problem?“-„ Nichts, du tust mir nur leid. Du hast sicherlich keine Ahnung vom Leben und hast die ganze Zeit nur dein Aussehen im Kopf. Du stehst morgens auf und das erste was du tust ist, ins Bad rennen und dir drei Kilo Schminke in dein Gesicht zu klatschen, weil du ja ungeschminkt so hässlich bist. Mädchen wie du sind echt bemitleidenswert und erbärmlich!“- Ich starrte ihn an. Ich war total sprachlos. „Okay, weißt du was, du kennst mich überhaupt nicht! Wie kannst du über mich urteilen , ohne mich zu kennen?“- „Ich weiß es nicht. Du bist einfach zu leicht zu durchschauen! Du bist wie jedes andere Mädchen auf dieser Scheißwelt! Ihr seid alle gleich!“
„Was glaubst du eigentlich wer du bist? Was glaubst du eigentlich, was du dir hier leisten kannst? Du denkst ich mach das gerne? Versuch du doch mal dir eine Wohnung in New York selbst zu finanzieren, weil deine Eltern dich hassen! Tu nicht so als würdest du mich kennen! Glaubst du wirklich du kannst hier hereinspazieren und ein fremdes Mädchen beleidigen, nur weil du grad schlechte Laune hast oder so? Wer hat dir ins Hirn geschissen, du Penner? Ich hab jetzt frei. Und – Danke!- du hast mir voll den Abend versaut!“ Ich knallte ihm seinen Drink auf den Tisch. „Warte. Du hast Recht! Ich bin betrunken, da werde ich ab und an mal temperamentvoll. Ich hab einfach nur saumäßig schlechte Erfahrungen mit hübschen Mädchen gemacht! Du musst mich für völlig verrückt halten. Ich habe eine Idee: Wir sollten uns mal treffen.“
„WAS! Sag mal flirtest du gerade mit mir?!“ -„Nein, du verstehst das falsch. Ich glaube wir sollten einfach mal richtig austauschen. Wer weiß, vielleicht bin ich ja richtig nett, wenn ich nicht blau bin! Und dich würde ich auch gerne kennen lernen, ehrlich gesagt.“-„ Ist das dein Ernst?!“- „Ja klar! Aber nur, wenn du in Jeans kommst!“. Die letzte Bemerkung hätte mich komplett zur Weisglut gebracht, wäre da nich das Mädchen in mir, dass immer allen alles beweisen musste. „Okay. Aber wenn, dann morgen früh.“

Also ging ich am nächsten Morgen – in Jeans und Pulli – ins Café Chuana la Bida und wir unterhielten uns und tauschten uns aus, lernten uns kennen und verstanden uns gut. Er tat mir sehr gut ich zog nun Jeans an. Außerdem kündigte ich bei  „Luis‘ Dancing Palast “  Wir trafen uns nochmal und gingen spazieren und irgendwann kannten wir uns so gut, dass ich bereit war und ich fing an ihm meine Geschichte zu erzählen: „Ich war eigentlich ein ganz normales Mädchen mit guten Noten und so weiter, hatte viele Freunde mit den man feiern konnte bis zu Morgengrauen und mein Jugend war auch nicht schlecht. Doch nach dem Abitur hatte ich absolut keine Ahnung was ich machen wollte und im Handumdrehen waren alle im Ausland, zogen weg zum Studieren und so weiter … und ich? Ich blieb hier, ahnungs- und planlos ohne einen blassen Schimmer was ich tun sollte. Von New York wegziehen wollte ich auch nicht, denn hier bin ich aufgewachsen, liegt mir zu sehr am Herzen und da ich nicht mehr bei Mom und Dad wohnen konnte zog ich aus in der Hoffnung, dass ich vielleicht in meiner eigenen Wohnung einen Geistesblitz haben würden, was ich mit mir anfangen sollte.Und versuch du mal eine vernünftigeWohung in New York zu finanzieren. Is gar nicht so einfach! Und so entwickelte ich mich zu eins von diesen Mädchen, die sich „nuttig“ anziehen und an eiskalten Wintertagen in viel zu kurzen Klamotten rumrannten. Tja und irgendwie hatte ich zu dieser Zeit seit einer Weile das Gefühl, dass ich nur eine Rolle spiele. Du kamst genau richtig.“

 

Und so lernte ich meinen besten Freund Mike kennen. Er und ich, wir haben so viel gelacht. Obwohl wir sehr gegensätzlich waren, verstanden wir uns super. Er kam im richtigen Moment und rettete mich. Ich war echt total außer mir und musste mich selbst ausprobieren.Später bewarb ich mich an der NY-University für ein Medizinstudium und wurde genommen. Ich bin nicht stolz auf diese „Phase“ aber ohne sie wäre ich nicht, was ich heute bin.

 

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